Vereinsgeschichte

Ein persönlicher Rückblick von Otto Wobig (92) vom 02.06.2022:

Wie Pöppelsheim entstanden ist, hängt natürlich mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges zusammen. Millionen von Menschen wurden aus dem Osten nach Deutschland vertrieben. Ich habe das als 15-Jähriger bewusst miterlebt – Wochen der Flucht mit Pferd und Wagen oder, wie einige, in Schweinewaggons.

Auch die Pöppelsheimer haben diese Zeit miterlebt. Nur noch wenige können sich heute persönlich daran erinnern. Viele Bauern hatten ihre Höfe verloren, ihr Besitz war weg. Aber die Sehnsucht blieb: wieder eigenes Land unter den Füßen besitzen!

An den Stadträndern entstanden Siedlungen, so auch hier: Lüdenscheid-Pöppelsheim wurde geboren. Das Land gehörte zum Schloss Neuenhof und wurde von der Baronin erworben. Ich erinnere mich noch gut. Mit meiner Frau machte ich einen Spaziergang von Haus Schöneck an der Parkstraße entlang, einem schmalen Gehweg zur Pöppelsheimer Mühle. Links und rechts erstreckten sich Wiesen, die von Neuenhof bewirtschaftet wurden.

Bei der Landgemeinde Lüdenscheid konnte man sich um die Häuser bewerben, die von der Siedlungsgesellschaft "Rote Erde" erbaut wurden. Das Gemeindehaus stand oben am Sauerfeld. Jeder, der in der Stadt wohnte, konnte sich für 5.000 DM bewerben – eine beträchtliche Summe damals. Dennoch war jeder froh, wieder ein Zuhause zu haben. Man muss sich vorstellen: Wir waren ein zusammengewürfelter Haufen aus Schlesiern, Pommern, Ostpreußen, Sudetendeutschen und einem einzigen Sauerländer – Egon Engelbert aus dem Birkenweg.

Die Menschen rauften sich zusammen, aber es gab leider Ärger mit den Bauten. Es hagelte Reklamationen: Die Schornsteine waren undicht, und im Birkenweg verschwanden Türen. Man schloss sich zusammen, und so wurde die Siedlergemeinschaft gegründet. Die erste Versammlung fand in einer alten Kneipe statt, die Paul und Ellen Gerke gehörte.

Fast alle Siedler nahmen teil, doch niemand wollte den Vorsitz übernehmen. Nach wochenlangem Hin und Her wurde schließlich ein erster Vorsitzender gefunden: Schulz aus der Waldstraße. Schriftführer wurde Arnold Striegan, und dessen Vater übernahm das Amt des Kassenwarts. Trotz zäher Verhandlungen mit der Baugesellschaft blieben die meisten Siedler letztlich auf ihren Kosten sitzen und mussten die Reparaturen selbst bezahlen.

Die Jahre vergingen, und man lebte sich ein. Viele schafften sich Tiere an: Hühner, Schweine und sogenannte „Flüchtlingsschweine“. Für diejenigen, die es nicht wissen: Das sind Kaninchen! Die Kneipe wurde bald zu klein für die Versammlungen der wachsenden Gemeinschaft, sodass man in die Pöppelsheimer Mühle oder die Gaststätte am Stadtpark ausweichen musste. Da in den meisten Häusern auch Mieter wohnten, kam man schließlich auf die Idee, diese ebenfalls in den Verein aufzunehmen. So wurde aus dem "Siedlerbund" die "Bürgergemeinschaft".

Nach Schulz folgten weitere Vorsitzende: Arnold Striegan, Werner Lüsebrink, Emil Stahlschmidt, Harry Martschat und schließlich der aktuelle Vorsitzende Carsten Glänzel. Obwohl er nicht mehr in Pöppelsheim wohnt, ist er hier geboren und fühlt sich dem Ort weiterhin verbunden.

Jahrelang spielte man mit dem Gedanken, ein eigenes Vereinsheim zu bauen oder zu kaufen. 1998 wurde schließlich von der Familie Dieter Weiss ein Haus erworben, und die Bürgergemeinschaft hatte endlich ein eigenes Zuhause. Es hat viel Arbeit gekostet, aber man kann stolz sagen: Es hat sich gelohnt!

Die Pöppelsheimer sind ein fröhliches Völkchen. Über die Jahre fanden zahlreiche Feiern im Vereinsheim statt. Auch für private Feiern wie runde Geburtstage, Gold- und Silberhochzeiten sowie für Skatabende oder Weihnachtsfeiern wurde das Heim gerne genutzt. Besonders bekannt ist das Birkenfest, das 1969 zum ersten Mal gefeiert wurde und mittlerweile auf eine über 50-jährige Tradition zurückblickt. Mit viel Eigenleistung und fleißigen Händen wurde in der Gemeinschaft viel erreicht. Das Vereinsheim ist bis heute dienstags und freitags geöffnet.

Das Vereinsheim war auch die Heimat des Pöppelsheimer Hobbychores, der viele Veranstaltungen mit seinem Gesang bereicherte. Leider besteht der Chor altersbedingt nicht mehr, da die Jugend kein Interesse am Chorgesang zeigt. Auch die Seniorengruppe hat in den letzten Jahren mit Problemen zu kämpfen: Viele Mitglieder sind verstorben, andere können aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr kommen, und manche fühlen sich noch zu jung für eine Seniorengruppe.

Doch es gibt Lichtblicke am Horizont: In den letzten Jahren sind viele junge Familien nach Pöppelsheim gezogen – derzeit leben hier 37 Kinder. Zahlreiche Neubürger sind bereits Mitglied der Bürgergemeinschaft geworden.

Dies war ein Rückblick auf 60 Jahre Pöppelsheim aus meiner Erinnerung. Es waren schöne Zeiten! Für die Zukunft wünsche ich der Bürgergemeinschaft und besonders dem Vorstand viel Erfolg und eine glückliche Hand, damit die Gemeinschaft noch lange bestehen bleibt.

Ihr Otto Wobig

 

Nachtrag: Otto Wobig verstarb am 03.12.2023 im Alter von 94 Jahren